Der Selbsthilfe bei Depressionen e.V. unterstützt seit über 40 Jahren Selbsthilfegruppen für seelisch belastete Menschen. Neben den Gruppenangeboten gibt es zahlreiche Veranstaltungen, die den Gruppenmitgliedern helfen, ihre soziale Kompetenz zu schulen. Hierfür hat der Bayerische Landtag dem Verein 2023 den Bürgerpreis „Lichtblickmacher ehrenamtliches Engagement für psychische Gesundheit“ verliehen.
Die aktuelle gruppenübergreifende Veranstaltung führte die Teilnehmer nach Frankfurt ins Struwwelpetermuseum. Wer von den älteren Semestern kennt nicht aus seiner Kindheit die traurige Geschichte des Struwwelpeter? Aber auch die Schicksale von Suppen-Kaspar, Zappel-Philipp und Hanns Guck-in-die-Luft haben uns als Kinder erschreckt und mitunter nachhaltig geprägt.
Im Rahmen einer Führung in zwei wunderschönen Häusern der neuen Frankfurter Altstadt lernten die Ausflugsteilnehmer viel über Dr. Heinrich Hoffmann, den Schöpfer dieser Bilderbuchfiguren. Der Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann war ein gesellschaftlich und politisch sehr aktiver Bürger, der den meisten als humorvoller Dichter in Erinnerung blieb. Nicht so geläufig ist sein Ruf als Psychiatriereformer, den er im Rahmen seiner Tätigkeit als Arzt und Psychiater erwarb.
Heinrich Hoffmann war von 1851 bis zu seiner Pensionierung 1888 Direktor der „Anstalt für Irre und Epileptische“, der städtischen Nervenheilanstalt, in Frankfurt am Main. Er gilt u.a. als erster Vertreter der Jugendpsychiatrie. Er setzte eine damals neue medizinische Erkenntnis in die Tat um, indem er psychisch belastete Menschen als Kranke, denen medizinisch geholfen werden konnte, behandelte.
Vorher waren seelisch Kranke gesellschaftlich geächtet worden. Sie galten als arbeitsscheu, vom Teufel besessen oder als kriminell und wurden „weggesperrt“. Heinrich Hoffmann arbeitete viele Jahre daran, das öffentliche Bewusstsein zu verändern. Mit viel Ausdauer realisierte er seinen Plan einer modellhaften psychiatrischen Klinik trotz mannigfacher Widerstände. 1864 wurde vor den Toren Frankfurts die Klinik auf dem Affenstein eingeweiht, die von den Frankfurtern wegen ihres prächtigen neugotischen Baustils liebevoll “Irrenschloss” genannt wurde. Hier lebte auch Hoffmann mit seiner Familie bis zu seiner Pensionierung.
Die Reise in die Vergangenheit der Psychiatrie war für die Vereinsmitglieder insofern interessant, weil sie erkennen konnten, wie viel Heinrich Hoffmann im Kampf gegen die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen geleistet hat. Gleichzeitig weiß der Vorstand des Selbsthilfevereins, dass es immer noch genügend Vorurteile gegen seelisch belastete Menschen gibt und ist sich bewusst, dass es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten gilt.
Der Vorstand des Selbsthilfe bei Depressionen e.V. bedankt sich bei seinen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen für die Organisation des Ausflugs.
Manfred Fuchs